Rasse und Herkunft des Berberpferdes
Das Berberpferd ist bereits seit fast 4.000 Jahren im Dienste der Menschen und damit eine der ältesten Pferderassen überhaupt. Ihre Heimat haben diese außergewöhnlichen Pferde in Nordafrika. Ursprünglich wurden sie in Tunesien, Algerien und Marokko gezüchtet, sind aber auch in den angrenzenden Staaten wie Mauretanien und Libyen verbreitet. Das Zuchtgebiet erstreckt sich fast über die komplette Breite des nordafrikanischen Kontinents.
Diese Pferde waren stets eng verbunden mit dem Volk der Berber, das bereits vor unserer Zeitrechnung Pferde züchteten. Berber waren und sind Nomaden und Bauern. Sie hielten ihre Pferde meist einzeln an einen Strick gepflockt inmitten der Zelte, Menschen, Ziegen und Schafe. In kriegerischen Zeiten waren ihre Pferde die beste Waffe: schnell, mutig und wendig. Sie konnten so abrupt stoppen, dass ihre Reiter den Speer weit in die Reihen der Gegner schleudern konnten.
Im Mittelalter und in der Renaissance waren Berberpferde begehrte Kriegs- und die Reitpferde der Könige und
Kaiser.
Der Berberpferde oder auch die Pferde aus der "Barbarie" waren neben dem spanischen Pferd Statussymbole und für die hohe Reitkunst wie geschaffen. Ihre natürliche
Versammlung, die leichtfüßigen Bewegungen und der Arbeitswille ließ die besten Reiter dieser Zeit ins Schwärmen geraten.
So z.B. Antoine de Pluvinel (1555-1620): "Ich halte viel von den barbarischen Pferden zum Carier-Reiten (Schulreiten) wegen der sonderlichen Zuneigung so
sie haben, sich zierlich und mit sonderbarer Lust zu tummeln." Pluvinel war es auch, der dem französischen König Ludwig 13. das Reiten beibrachte - auf einem Berberhengst mit Namen "Bonite". Er
lobt dieses "beste" Pferd wegen seiner Kraft in den Schulsprüngen und der Duldsamkeit und Willigkeit, mit welcher es den Reitschüler gewähren lässt.
Auch der große Reitmeister Francois Robichon de la Guèrinière hatte eine Vorliebe für den Berber: "...das barbarische Pferd hat schon minder Feuer als das
spanische und sein Gang ist nachlässiger. Doch aber findet man bei ihm sehr viel Nerfigtes (Sensibilität), viel Leichtigkeit und guten Athem, wenn man es zusammennimmt (versammelt). Schulen über
der Erden gelingen ihm vollkommen gut und es hält lange auf der Reitbahn aus."
Das Berberpferd hat fast alle amerikanischen Rassen (das Quarter Horse, den Criollo, den Mangalaga, den Mustang, usw.) mit beeinflußt.
Einer der drei Begründerhengste der englischen Vollblutzucht war der Berberhengst Godolphin Barb.
Bei der Besetzung Nordafrikas 1830 durch die Franzosen beschlagnahmten diese hunderte von Berberpferden. Diese wurden gezielt mit Vollblutaraberhengsten
gekreuzt. Daraus entstanden einige der besten Araber-Berbergestüte im Maghreb.
Die Rasse des Araber-Berbers ist sicherlich schon wesentlich älter. So geht man davon aus, dass bereits während der islamischen Eroberung Nordafrikas im 7.
und 8. Jahrhundert Araber und Berber gekreuzt wurden. Das Ergebnis dieser Zucht ist eine eigene Rasse, die die Vorteile der beiden Ursprungsrassen auf besondere Weise vereint: den Mut, die Nervenstärke, die Robustheit und Treue des Berbers mit der Ausdauer, der Schnelligkeit und der Schönheit des Arabers.
Deutsche Regimenter brachten Berber und Araber-Berber sogar bis nach Rußland, Polen, Österreich und Deutschland, wo sie jedoch nach dem Krieg bald in Vergessenheit gerieten. Heute ist der
Araber-Berber das am weitesten verbreitete Pferd im Maghreb. 95% aller Pferde gehören dieser Rasse an, gefolgt vom Vollblutaraber, dem Anglo-Araber und dem Berber.
Die weltweite Situation des Berberpferdes galt lange als Besorgnis erregend, denn für das einstige Kriegs- und
Arbeitspferd gibt es in den Ursprungsländern kaum noch Bedarf. Das Volk der Berber, das mittlerweile größtenteils seßhaft und selbst zur Minderheit in seinem Land geworden ist, liebt die edlen
Pferd mit der selben Hingabe wie es schon die Vorfahren taten. Doch nur zur alljährlichen Fantasia - Reiterschauspiel, Volksfest und mittlerweile Touristenspektakel - läßt es mit seinen Pferden
für wenige Stunden die Stärke und den Mut eines großen Reitervolkes vergangener Zeiten wieder aufleben.
Doch der schnellere und deshalb beliebtere Araber-Berber hat ihm längst auch seine letzte ehrenvolle Aufgabe streitig gemacht. So sind die Bestände an
Berbern im Maghreb verschwindend gering im Vergleich zu den Zeiten, als das Pferd der Mauren auf der ganzen Welt begehrt war.
In den letzten Jahren hat allerdings ein Umdenken in den nordafrikanischen Ursprungsländern stattgefunden. Es gibt allerorts Bemühungen das ursprüngliche
Berberpferd zu erhalten. Teilweise sogar mit staatlicher Unterstützung (im Maghreb) wurde sich mit dem Erhalt dieser ursprünglichen Rasse beschäftigt. Die Anstrengungen wurden mittlerweile
mit Erfolg gekrönt, das Überleben des Berbers gilt als gesichert.
Speziell in Europa sind Berber- und Araber-Berberpferde immer beliebter werdende Freizeitpferde, da sie genau dem
Typ Pferd entsprechen, das sich die meisten Freizeitreiter wünschen.
Neben einem guten Charakter, ausgeprägter Nervenstärke und tadelloser Gesundheit warten sie vor allem noch mit sehr bequemen Gängen auf.
Zur Zeit gibt es in Deutschland 129 eingetragene Zuchttiere (Stand Dezember 2005). Jährlich werden hier ca. 20 - 30 Berber- und Araber-Berber-Fohlen geboren. Die gesamte Zahl der Berberpferde
(mit und ohne Papiere) in Deutschland wird auf ca. 500 geschätzt.
Organisiert wird die internationale Berber- und Araber-Berber-Zucht durch den Weltberberverband OMCB (Organisation Mondiale du Cheval Barbe) mit seinen
Zuchtbuchführenden Mitgliedern Algerien, Marokko, Tunesien, Frankreich, Deutschland, Belgien und der Schweiz.
Der Charakter
Mut, Nervenstärke und Duldsamkeit machen das Berberpferd zum Verlasspferd schlechthin - vorausgesetzt ist natürlich eine entsprechende Erziehung und Ausbildung. In diesem Punkt macht es einem das
Berberpferd jedoch einfach: Gelehrigkeit und ein guter Wille zeichnen diese Pferde aus.
Allerdings brauchen sie auch Aufgaben, um sich wohl zu fühlen. Ermüdende Wiederholungen langweilen das Berberpferd schnell. Sie sind dagegen dankbar für
Abwechslung in der täglichen Arbeit - sei es im Gelände, in der Dressur oder bei anderen Einsätzen.
Das enge Zusammenleben der Pferde mit den nordafrikanischen Nomadenstämmen bildete die Grundlage für die starke Treue dieser Pferde zum Menschen. Ihre
Zuverlässigkeit wurde in den kriegerischen Auseinandersetzungen immer wieder auf die Probe gestellt, und von ihrer mentalen Stärke hing oft das Überleben des Kriegers ab.
Menschenbezogenheit und Zuverlässigkeit sind das Ergebnis eines langen Züchtungsprozesses. So kamen beispielsweise Hengste in früheren Zeiten erst sehr
spät zum Deckeinsatz, um ihr Wesen als ausgewachsenes männliches Tier beurteilen zu können. Wenn sie danach zu hengstig wurden, setzte man sie nicht mehr in der Zucht ein. Nur die sanften
Charaktere sollten sich vermehren.
Exterieur und Eignung
Heute erkennen wir diese Stärke oft in dem Verhalten dieser Tiere in Krisensituationen. Ein Berberpferd rennt nicht davon, sondern verharrt erst einmal in einer
Hab-Acht-Stellung und beobachtet, was weiter passiert. Stellt sich die Gefahr als nicht so bedrohlich heraus, spart es sich in der Regel seine Energie für später auf.
Selbst wenn sich diese Pferde einmal erschrecken, so sind sie schnell wieder auf dem Boden der Tatsachen angelangt und neigen nicht dazu, sich aufzuheizen. Hengste können heutzutage größtenteils
auch direkt neben rossigen Stuten gehalten werden, ohne ihre Energien in unnötiges Imponiergehabe zu verschwenden und behalten "einen kühlen Kopf". Dies
erleichtert die Haltung der Pferde ungemein, besonders wenn man Tiere unterschiedlichen Geschlechts hat.
Seine Menschenbezogenheit bedeutet aber auch, dass dieses Pferd viel Ansprache von "seinem" Menschen braucht.
Die Zeit, die man für diese Kontakte aufbringen sollte, lohnt sich! Denn das Berberpferd dankt es seinem Besitzer mit Mut, Nervenstärke und mit Verlässlichkeit, sei es im Gelände, im
Straßenverkehr oder bei öffentlichen Auftritten.
Das Berberpferd besticht durch ein solides Fundament und zeigt deutlich kurze, abgedrehte Linien.
Der ausgeprägte Widerrist reicht weit in die Rückenlinie, bietet dem Sattel genügend Halt und dem Reiter
Sicherheit.
Dank seines kräftigen Rückens und Fundaments, deckt das Berberpferd bei mittlerer Grösse (148-160 cm) und stattlicher
Gurttiefe selbst grössere Reiter ab.
Die meisten Berberpferde (ca. 80%) sind Schimmel in allen Nuancen. Füchse kommen zu 15% vor, der Rest sind Rappen und Braune und zählt zu den
Barockpferderassen.
Seine Wesensfestigkeit, die Charakterstärke und Ausgeglichenheit, gepaart mit der natürlichen Versammelbarkeit
und Rittigkeit machen das Berberpferd heute zum idealen Begleiter für die ganze Familie und zum Partner des ambitionierten Freizeitreiters.
Gesundheit, Haltung und Anschaffung
Seine nordafrikanischen Herkunft mit den zum Teil extremen Temperaturschwankungen von bis zu 30 Grad am Tag, die dort klimatisch bedingte wenig artgerechter Fütterung und das oft unwegsame, steinige Gelände, haben das Berberpferd hart und widerstandsfähig gemacht.
So konnte er sich auch problemlos an die klimatischen Verhältnisse Mitteleuropas anpassen.
Das praktizierten auch von alters her die Nomaden und Bauern im Maghreb mit ihren Haustieren, den Berberpferden. Die Menschenbezogenheit, Treue und Gelassenheit des Berberpferdes konnte und kann sich so wunderbar entfalten.
Ob mit anderen Pferden, anderen Tieren und natürlich seinem Menschen - das Berberpferd verträgt sich mit allen und ist nicht umsonst bekannt für sein überdurchschnittliches Sozialverhalten.
Mittlerweile gibt es in Deutschland qualitätsvolle Nachzucht zu kaufen.
Jährlich werden 15-30 Berber- und Araber-Berberpferd Fohlen geboren und der vom VFZB sehr hoch gesetzte Rassestandard macht es möglich, ein typvolles, gesundes Berber- und Araber-Berberpferd mit Papieren aus artgerechter, liebevoller Aufzucht zu finden.
Besonders empfiehlt sich der Kauf eines Absetzers oder Jungtieres, um die Menschenbezogenheit in dieser frühen Entwicklungsphase zu fördern und die Beziehung zu "seinem" Menschen zu festigen. Die Erziehung und Ausbildung zum zuverlässigen Freizeitpartner erfolgt dann mehr oder weniger nebenher.